Archivbild: Ein Wohnmobil steht auf dem Zeltplatz Riegelspitze bei Werder (Brandenburg). (Quelle: dpa/Hirschberger)

Brandenburg Neue Studie zur Campingwirtschaft: See, Platz, Sieg

Stand: 08.05.2024 18:16 Uhr

Nach der Corona-Delle ist Camping in Brandenburg im Aufwind. Das Erfolgsrezept vieler Plätze: Wasser und Waldidylle. Doch Fachkräftemangel und Klimawandel stellen die Branche vor Herausforderungen. Von Michael Schon und Katrin Neumann

Zwei Farben prägen den Campingplatz "Blütencamping Riegelspitze" in Werder (Havel): Das Grün der Bäume und das Blau des Glindower Sees, in den die Riegelspitze ragt, eine Landzunge. Vom Zelt oder Wohnmobil schweift der Blick auf eine kleine Marina. Wellen plätschern, ein Zilpzalp singt – ansonsten: Ruhe.
 
Fanny Kinkel macht einen zufriedenen Eindruck, wenn sie Besucher über ihren Platz führt. Die 46-Jährige hat ihn vor zwölf Jahren von ihrer Mutter übernommen: 120 Stellplätze für Dauercamper, dazu noch einmal 150 für Tages- und Ferientouristen, die bereit sind, knapp 70 Euro für eine Nacht direkt am Wasser zu bezahlen. Das Reservierungsbuch ist gut gefüllt.

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Rekord-Jahr 2023

So gut wie bei Fanny Kinkel läuft es offenbar für viele Campingplatz-Betreiber in Brandenburg: 1,6 Millionen Übernachtungen zählten sie im vergangenen Jahr, 13 Prozent mehr als im Vor-Corona-Jahr 2019. Und auch betriebswirtschaftlich stehen viele Plätze im Land gut da. Das ist das Ergebnis einer vom Wirtschaftsministerium geförderte Studie, die der Bundesverbandes Campingwirtschaft in Deutschland speziell mit Blick auf Brandenburg erstellt hat. 51 Unternehmen haben sich daran beteiligt, etwa ein Drittel der Betriebe insgesamt.
 
Sie gaben an, durchschnittlich rund 2.350 Euro pro Touristen-Stellplatz und Jahr zu erzielen. Hohe Erlöse, die laut Studie auch zu einer hohen Innenfinanzierungskraft führen. Das bedeutet: Viele Betreiber können wichtige Investitionen ohne Kredite aus der eigenen Kasse stemmen. Oder kurz: Es sind gesunde Unternehmen.

Camper machen 11 Prozent der Übernachtungen aus

Die Brandenburger Tourismus-Vermarkter zeigen sich überzeugt, dass dieser Trend anhält. Camping und die Mark passen aus ihrer Sicht einfach zusammen. Für 60 Prozent der Camping-Touristen sei die Nähe zur Natur der ausschlaggebende Grund, Urlaub im Zelt oder Wohnmobil zu machen, sagt Christian Woronka, seit Februar neuer Chef-Touristiker im Land. Der Geschäftsführer der Tourismus-Marketing Brandenburg kommt schon von Berufswegen ins Schwärmen: "Brandenburg hat eine wunderschöne Landschaft, 3000 Seen und steht für Besinnung auf das Wesentliche."
 
Also genau das, was viele Camper suchten – und hier eben fänden. Auf den 188 Campingplätzen in Brandenburg gibt es rund 47.000 Schlafgelegenheiten, oft im Wald, in direkter Nähe zu einem der vielen Seen. Dennoch sind die Plätze oft stadtnah, nicht zuletzt auch nah an Berlin.
 
Auch Wirtschaftsstaatssekretär Hendrik Fischer (SPD) zeigt sich mit der Entwicklung zufrieden. Er beschreibt Camping als zunehmend großen Wirtschaftsfaktor, auch wenn Camper bislang nur elf Prozent der Übernachtungen ausmachen. Von einem Campingplatz profitiere auch das Umfeld, sagt Fischer. "Die Leute gehen vor Ort essen, sie nutzen Kulturangebote und den Personennahverkehr."

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Für den Brötchenservice gibt es eine App

Trotz der guten Zahlen kann sich die Branche nicht auf Erfolgen ausruhen. Sie steht vor den gleichen Herausforderungen wie viele andere Unternehmen auch: Fachkräftemangel, steigende Betriebskosten, Digitalisierung oder Klimawandel.
 
Fanny Kinkel in Werder hat deshalb in Technik investiert: An der Zufahrt erfassen Kameras die Kennzeichen ihrer Gäste, die Schranken öffnen sich dann automatisch. Das spart Personal an der Rezeption, ebenso wie der Online-Check-in.
 
Weil sie Fotovoltaik- und Solarthermie-Anlagen installiert hat, müssen ihre Kunden den Strom nicht extra bezahlen. Für den Brötchenservice gibt es eine App, über die auch gleich die Waschmaschine reserviert werden kann. Fürs Erste sieht sie ihr Unternehmen damit gut aufgestellt – und hofft, dass der Trend zum naturnahen Urlaub auch in den nächsten Jahren anhält.

Sendung: Antenne Brandenburg, 08.05.2024, 13:00 Uhr